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Eiertätschen und Herman

8. April 2002

Urplötzlich und zu meinem grossen Staunen ist hier inzwischen wirklich der Frühling ausgebrochen – die Bäume und Osterglocken blühen auf einmal, und die vorwitzige Sonne kitzelt mich morgens wach. Passend dazu dreht sich bei mir im Moment endlich die beschwingte CD mit der Filmmusik von Die fabelhafte Welt der Amélie, die den Winter über zwar schon bei mir lag, aber den Weg zum CD-Player nicht gefunden hat.

Wir waren über das sonnige Osterwochenende in Ravensburg bei Freunden (*wink*) und haben uns die Bodenseegegend angeschaut – schön ist es dort. Promt mussten die mir dann einen lustigen und für mich unwiderstehlichen Keramikladen zeigen, so dass ich eine Kiste mit Schaf-Tassen und Elch-Obstschale nach Hause schleppen durfte und in meiner Küche inzwischen wirklich tierisch was los ist, *seufz* :).

Hier laufen derweil einige Vorbereitungen für unsere Hausboot-Fahrt – ich bastele am Menüplan (dabei ist mir das Rezept für den sehr leckeren unmöglichen Apfelkuchen in die Hände gefallen, das ich schon lange für meine Sammlung abtippen wollte), und Taxi studiert ganz aufgeregt alles übers Bootsfahren und würde am liebsten sofort auf Weltreise gehen :). Dabei hat er ein spannendes Buch aufgestöbert, von der ersten Schweizer Hochseeoffizierin mit Kapitänspatent („Volle Kraft voraus, Miss Mate“ von Marietta Kuntz ), über ihr Leben an Bord von Flüssiggas- und Bananendampfern.

In meiner Abteilung habe ich vor dem Osterwochenende noch einen lustigen Brauch kennengelernt, der sich „Eiertätschen“ nennt – zusätzlich zum normalen Apéro (Wein, Wasser, Knabberzeugs, Kollegenplauderei) gibt es ganz viele hartgekochte, bunte Eier. Jeder nimmt sich eines, und muss es dann mit dem eines Kollegen zusammenschlagen. Derjenige, dessen Ei dabei heil bleibt, hat gewonnen :). Ich kannte das bisher trotz mehrerer Jahre Schweizleben nicht (es wird wohl hauptsächlich in Familien am Ostersonntag gespielt), hab aber trotzdem mit meiner genialen Taktik (einfach fest draufhauen, *g*) mehrere Eier zertrümmert, bevor meines kaputt gegangen ist – ich fand das Eiertätschen sehr spassig :).

Noch länger vor dem Osterwochenende waren wir beim Herman van Veen -Konzert in Bern. Ich hab es tatsächlich geschafft, die im Januar gekauften Konzertkarten völlig zu verschusseln, und hab dann kurzentschlossen neue gekauft. Immerhin wusste ich noch die Platznummern der ersten Karten, so dass wir trotzdem schön weit vorne gesessen haben, in der Mehrzweckhalle, die sich als verlängerte Turnhalle irgendwo im Berner Regen herausstellt.

Ohne Nard Reijnders, dafür immer noch mit Erik van der Wurff und dazu mit drei schönen, jungen und auch noch begabten Musikerinnen mit Gitarre, Percussions und Geige (dummerweise habe ich es versäumt, die CD der Violistin und Sängerin Jann einzusammeln) ist Herman van Veen diesmal unterwegs. Die Show hat dadurch deutlich an Musikalität und Tempo gewonnen, dafür ein wenig von den sonst so typischen ruhigen Momenten verloren, was aber nur ein klein wenig schade ist. Denn Herman van Veen trifft nach wie vor mitten ins Herz, wenn er den Drahtrest eines Regenschirms zum Leuchten bringt, alles mit Silberregen verzaubert und von seiner Kindheit erzählt.

Daneben wird Zeitungsrascheln zu Regen, Geigenduelle werden zu wilden, ausgelassenen Trommelwettbewerben, aus dem Tisch spritzen Wasserfontänen, und zur Freude von Taxi spielt Herman van Veen auch auf dieser Tournee die Oper der erstochenen Sopranistin nach :). Und, zu seiner grossen Empörung, sind die schönen Frauen auf der Bühne aufmüpfig und weigern sich, in dem Lied, dass er schon vor 400 Jahren gesungen hat, richtig mitzuspielen :).

Nach all den Jahren wächst er dabei in seine eigenen Rollen hinein – stolz erzählt er von seinem ersten Enkelsohn, lässt auf reykjavikianisch davon singen, wie Opas zu Schmetterlingen werden und singt davon, dass Oma ein Veilchen sein soll… Ein rundum schöner Abend, der trotz Zugaben viel zu früh endet.

Noch mehr zu lesen über die aktuelle Tour gibt es in der Kritik der Parnass-Kulturzeitschrift.

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